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7 praktische Tipps, um besser durch die virtuelle Welt zu steuern

Was vor Corona ineffektiv war, ist es immer noch

Wie steuere ich auf Distanz? Wie führe ich Remote-Teams? Wo ist die Balance von interessierter Nachfrage und sich kümmern vs. Kontrolle? Einige Firmen scheinen die schon vor-Corona-Zeiten ineffektiven, zeitfressenden und oft ergebnislosen Meetings 1:1 in die virtuelle Welt der digitalen Konferenzen via Skype, Zoom etc. zu übertragen. Natürlich hat der Lockdown ein rasches Handeln notwendig gemacht und was war sinnfälliger, als in die digitale Welt von Videokonferenzen auszuweichen und die Mitarbeiterschaft in das sichere Home-Office zu schicken.

Mittlerweile haben wir Erfahrung mit Home-Office, Home-Schooling, Hybridveranstaltungen etc. Noch sind wir nicht viel besser geworden im Führen von Remote-Teams, der Betreuung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Home-Office, wenngleich der Markt sich gefüllt hat mit Büchern und Ratgebern.

Remote geführte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen selbstverständlich eine gut funktionierende technische Ausstattung. Ohne die nützt die beste Führung nur halb so viel. Remote-Führung bedeutet, klare, konstruktive Arbeitsaufgaben sowie einen guten fachlich-sozialen support seitens der Führung zu geben. Und zwar kontinuierlich, verlässlich, kurz, klar, wertschätzend.

Es braucht Disziplin seitens der Führung und der Mitarbeiterschaft. Und es braucht Eigenverantwortung und das Vertrauen der Führung in die Eigenverantwortung der Remote-Teams und jedes Einzelnen. Wir erleben gerade eine Rückkehr zum Herrschaftsanspruch und zur Allwissenheit, also wissen zu wollen, was die Mitarbeiterin gerade macht, wie lange sie am Rechner sitzt, arbeitet sie tatsächlich oder ist er nur eingeschaltet.

Es ist an der Zeit, uns die Frage zu stellen, wie wir in virtuellen Welten arbeiten wollen?

Wir scheinen einfach so weiter zu machen. Strukturen optimieren, noch mehr organisieren, bessere IT-Verbindungen, zugleich den Mangel verwalten - viel weiter sind wir in den letzten Monaten nicht gekommen.

Es wird Zeit zu fragen: Was wollen wir lernen? Was wollen wir ändern?

Welche Kompetenzen benötigen wir, um sinnvolle virtuelle Arbeits-Welten zu errichten? Menschsein bedeutet nicht, die bessere (Skype-)Maschine zu werden. Welche Themen sind wichtig? Welche Meetings sind relevant? Welche gehören abgeschafft und gehörten vorher bereits abgeschafft, weil ineffektiv?

Welche Zeiten benötigen wir für gesunde, sinnvolle Online-Sitzungen? Wann erreiche ich mit Video gute Ergebnisse, wann ist telefonieren besser? Wie spreche ich die Stillen an? Wie komme ich mit denen ins Gespräch, die vorher schon still waren und "ihr Ding" gemacht haben?

Muss alles so werden und bleiben im Umgang mit uns Menschen, wie in der realen Welt? Wie können wir Entscheidungen herbeiführen? Wie Demokratie und Mitbestimmung sicherstellen? Wie erreichen wir die Kolleginnen und Mitarbeiter, die hinter den Kacheln verschwinden? Müssen wir sie erreichen? Ist es nicht auch ein Glück, den herrschaftlichen Monolog bequem auf dem Sofa zu ertragen, Videokamera ausgeschaltet, Ton leise. Ach, ich hatte keine Netzverbindung mehr, abends ist hier oft schlechte Verbindung. Tut mir leid. Gab es noch etwas Wichtiges, das ich wissen muss?

7 Tipps, um uns besser in der virtuellen Welt zurecht zu finden

7 Tipps unterstützen Sie, besser, gesünder und gelassener durch die neue Zeit zu steuern.

  1. Meetings moderieren
  2. Bei mehr als 2 Personen moderiert die dritte Person. Das gibt Struktur. Und es entspannt und erlaubt der Moderation, auch die stillen Wandbilder anzusprechen. Die Moderation lenkt und führt durch die Agenda bzw. hilft, eine aufzustellen, so dass niemand verloren ist. Sie stellt Pausen nach 30-60 Minuten sicher, fasst Zwischenergebnisse zusammen und moderiert das Ergebnis bzw. wie es weiter geht. Wie bei jeder guten Moderation ist die Person eher neutral, nicht der Chef oder die Chefin, und nicht jedesmal die selbe Person.

    Eines sollte die Moderation unbedingt beherrschen: Sprechen. Im Virtuellen Raum ist die kommunikative Kompetenz umfassender als in der realen Welt. Das nicht-Sichtbare muss mitgesprochen werden.

  3. Kommunikative Kompetenz
  4. In der virtuellen Welt muss auch das, was selbstverständlich ist, mit gesagt werden. Das, was offensichtlich und sichtbar ist, muss angekündigt werden.
    Wenn ich mir vor laufender Webcam Notizen machen, sage ich dazu: ich mache mir Notizen, deshalb senke ich den Kopf (ich sage damit auch, dass ich nicht zeitgleich meine Mails abrufe).
    Ich kündige an: da kommt gerade ein Telefonat auf der anderen Leitung rein, dass ich annehmen muss, ich klinke mich mal eben aus. Wenn das Telefonat vorbei ist, "komme ich wieder rein" indem ich sage: so, da bin ich wieder.

    Ich spreche aus, was in der realen Welt für alle sichtbar ist und nicht gesagt werden muss. Tue ich das nicht, denken die Mitarbeiter, der Chef arbeitet seine Mails ab, ihn interessiert nicht, was wir hier besprechen. Tue ich das nicht, sehen die anderen, wie aus dem Bild sich langsam die Chefin entfernt, erst die Schulter, dann der Kopf, dann die andere Schulter. Es bleibt ein Arm im Bild hängen, manchmal ist noch der Ton versehentlich an und alle hören das wichtige Telefonat auf der anderen Leitung mit, bis sich der Arm, die Schulter, der Kopf wieder zurück ins Bild schieben und die Chefin "wieder da" ist. Keiner der anderen sagt etwas.

    Hier gilt es zu lernen und zu akzeptieren, dass in der virtuellen Welt die sinnlichen Wahrnehmungen und Dimensionen der realen Welt fehlen, und deshalb mitgesagt werden müssen.

  5. Technik- und Medienkompetenz
  6. Nicht zu wissen, wie es geht, führt zu Frust, Stress, Gereiztheit. Und rasch sind wir in einer abwärts drehenden Spirale und landen im dunklen Tunnel der Ohnmacht. Ohnmacht lässt uns nicht gestalten und lässt uns nicht verstehen, warum wir uns plötzlich so überfordert und auch noch hilflos fühlen.

    Uns allen ist in den ersten Monaten klar geworden, dass wir nicht umhin können, uns mit der Technik der digitalen Welt - auch wenn sie nur aus Zoom besteht - vertraut machen zu müssen. Was wir brauchen ist ein Mindestmaß an technischem Verstehen und Know How, um uns aktiv in die virtuelle Welt gestaltend einzubringen. Wir müssen verhindern, dass uns die Technik beherrscht und vor sich hertreibt. Dafür müssen wir in Grundzügen wissen, wie es geht. Wir sind es, die den Stecker aus der Steckdose ziehen, um Feierabend zu machen, nicht die Maschine.

    Mittlerweile haben wir alle ein Vielfaches an Medien- und Technikkompetenz erworben. Es geht nicht darum, dass ich IT-Profi werde. Ich muss es auch nicht gut finden, mich virtuell und digital mit anderen zu unterhalten.

    Wichtig hingegen ist, dass ich ein Mindestmaß an technischem Verständnis und praktischem, pragmatischem Wissen erwerbe. Nur so kann ich auch in der virtuellen Welt gestaltend eingreifen und sie mir zu eigen machen. Dazu muss ich wissen, wie es geht.

  7. Vom Chef wieder zum Lehrling
  8. Wir wissen immer noch nicht, was der richtige Weg ist. Keiner ist ihn je gegangen. Zu erkennen, dass wir alle - vom Vorstand über die oberste Chefin, bis zum Bereichsleiter, Geschäftsführerin und Teamchefin - Lernende sind! Natürlich haben wir alle bereits Videokonferenzen mitgemacht, haben ein YouTube hochgeladen, wischen permanent auf unseren Smartphones herum, chatten, tweeten und beherrschen nicht nur die Vokabeln, sondern wissen auch, wie das alles geht.

    Doch mit Beginn der Pandemie war plötzlich alles anders.

    Plötzlich muss ich mich selber einwählen, muss ich eine Videokamera haben, ein Headset oder so etwas ähnliches, muss ich wissen, warum das denn jetzt nicht geht, muss ich die Lösung haben und gleichzeitig die Familie, die Kolleginnen, die Kunden betreuen, bedienen, vertrösten. Das fühlt sich an wie zur Schulzeit, als man die Mathe- oder Deutschaufgabe nicht wusste und sie auch beim eindringlichen Nachfassen des Lehrers immer noch nicht wusste. Ein doofes Gefühl. Wie kriege ich das hier jetzt hin? Ich bin doch Chefin, bin doch Chef!

    Plötzlich muss ich akzeptieren, dass ich nicht viel weiß, dass ich es auch nicht kann, noch nicht kann. Und einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihr Home Office viel besser organisiert bekommen. Ich muss lernen zu akzeptieren, dass ich Lernender bin, wie wir alle in dieser Zeit. Da hilft mir auch kein Titel "Ich bin Chefin, ich bin Chef". Lernen, wieder Lehrling zu sein. Und offen damit umgehen. Wir alle sind aufgefordert, das Neue, das Unbekannte zu gestalten und daran mitzuwirken, dass unsere Zivilgesellschaft weder wirtschaftlich noch sozial-emotional Schaden nimmt.

    Statt sich zurückzuziehen und zu vereinzeln ist es gut, sich remote auszutauschen: Ausprobieren, lernen, wieder miteinander diskutieren, neugierig sein, Lust an kreativen Ideen entwickeln.

    So kann ich wieder in die Balance kommen. Und mich den Fragen widmen: Wie führe ich meine Leute über Video und/oder Telefon? Wie geht das? Wie erreiche ich die, die ich nicht erreiche?

  9. Wie bleibe ich gesund? Salutogenetischer Ansatz
  10. Was hält mich in der virtuellen Welt gesund? Was hilft mir zu verstehen, was technisch, mental, real und virtuell, gesellschaftlich und politisch geschieht? Und wie vermag ich Einfluss so zu nehmen, dass ich mein Tun sinnvoll empfinde und dass meine Gesundheit erhalten bleibt?

    Nicht nur Führungskräfte, auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen eine erweiterte Qualität der Menschenführung. Wie kann ich Menschen führen, wenn ich mich nicht selbst führen kann? Das beginnt beim Innehalten. "Halt! Stop!" sagen. Reflektieren. Was geschieht gerade mit mir? Was brauche ich? Was tut mir gut?

    Wenn ich das herausgefunden habe - und wir wissen alle, was uns gut tut! - , dann ist es wichtig, das auch umzusetzen und gut für mich zu sorgen! Das beginnt damit, sich den Kalender vorzunehmen und Pausen einzutragen. Pausen für mich und mein Wohlergehen.

  11. Pausen einlegen
  12. Sorgen Sie gut für sich!

    Innehalten – Menschsein statt Maschine. Nur Maschinen müssen 24 h laufen.

    Denken, Verstehen, Ideen entwickeln. Fragen stellen. Erkennen – und das eigene Verhalten ändern, sich neu erfinden – das kann der Mensch! Neues lernen, auch das können wir!

    Halten Sie inne und überlegen Sie, was Ihnen gut tut.

    Es ist wichtig, alle 60-90 Minuten eine Pause einzulegen, aufzustehen, sich zu dehnen und zu strecken, einige Übungen zu machen. Und zu trinken! Die Augen vom Bildschirm ausruhen. In die Weite des Himmels schauen, den Raum verlassen, andere Dinge sehen, bewusst etwas anderes tun, um andere Gedanken zu bekommen und das Gehirn zu ent-spannen. Und neue Ideen entwickeln. Gute Fragen stellen.

    Im Kalender Pausen blocken. Zeiten für Einkauf, Essen, Mittagsruhe blocken. Und den Feierabend eintragen.

  13. Feierabend machen. Wochenende frei von Büroarbeit halten
  14. Weil das Büro zu Ihnen nach Hause kommt, ist es an Ihnen, räumliche und zeitliche Begrenzungen zu schaffen.

    Vermeiden Sie fließende Übergänge von home office zu home family. Auch wenn das schwer fällt und kaum in der kleinen Wohnung zu realisieren ist. Um so wichtiger ist es, dass Sie selber die Grenzen setzen: 18 Uhr ist Feierabend. Rechner aus. Betriebshandy aus. Samstag und Sonntag bleiben Rechner/Laptop und Betriebshandy ebenfalls aus.

    Feierabend als festen Termin im Kalender eintragen und vor allem: auch Feierabend machen. Rechner herunterfahren, keine Mails mehr, ausschalten.

    Da ist ein Knopf an der Maschine, den man betätigen kann. Tun Sie es!

    Auch keine Anrufe mehr - außer mit Freunden. Die Maschine ist gnadenlos und hält Sie am Bildschirm, bis Sie tränende Augen haben, Kopfschmerzen, verspannte schmerzende Schultern, trockenen Hals und wie zerschlagen spät abends endlich aufhören und merken, dass Sie den ganzen Tag nichts Richtiges gegessen und getrunken haben.

    Gestalten Sie selbst den virtuellen Arbeitstag, indem Sie regelmäßig Pausen eintragen und diese auch einhalten. Sonst werden Sie eingesogen von dem Takt der Maschine.

    Sie sind der Mensch, nicht die Maschine. Also, denken Sie daran, für sich zu sorgen und rechtzeitig Feierabend zu machen. So bleiben Sie gesund - und sind ein Vor-Bild für Kolleginnen und Kollegen.